Das energiepolitische Fundament unserer Industrie

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Die energiepolitischen Belastungen für den Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland wachsen in den kommenden Jahren weiterhin beständig an.

Aus Sicht der WVMetalle liegt der Schlüssel für eine erfolgreiche Energiepolitik in einem ausgewogenen Verhältnis der energiepolitischen Ziele von Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit.

Kostenbelastung am Limit

Der hohe Anteil industrieller Wertschöpfung ist eine entscheidende Grundlage für die Wirtschaftskraft Deutschlands – gerade die Geschlossenheit der Wertschöpfungsketten gilt es deswegen dringend zu erhalten. Ziel der Politik muss es daher sein, den Anteil der Industrie weiter auszubauen. Energiepolitik ist dabei ein entscheidender Standortfaktor – insbesondere für die energieintensive Industrie, die im internationalen Wettbewerb steht.

Im Zuge des mit dem Energiekonzept 2010 eingeleiteten Umbaus der Energieversorgung sind aber leider genau die beiden Themen Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit zunehmend in den Hintergrund gerückt. Der bisherige Ausbau erneuerbarer Energien schritt zwar flott voran, war jedoch teuer erkauft. Laut Prognose der Übertragungsnetzbetreiber werden im Jahr 2018 über 27 Mrd. Euro an Kosten für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entstehen und auf die Stromkunden umverteilt. Dabei geht die Kostenentstehung fast vollständig am Markt vorbei. Befürworter des EEG rühmen derzeit, dass 65 Prozent der installierten EEG-Anlagen (74 GW) und sogar 75 Prozent der EEG-Strommenge (154 TWh) in der sogenannten Direktvermarktung angekommen seien und keine Festvergütung erhalten. Doch die dabei angewendete Form der Direktvermarktung, die „gleitende Marktprämie“, orientiert sich in der Realität kaum an marktwirtschaftlichen Preissignalen. Lediglich 1,4 Mrd. Euro werden an der Börse im Rahmen der Direktvermarktung erlöst. Damit liegt der marktlich erwirtschaftete Anteil gerade einmal bei fünf Prozent der gesamten EEG-Kosten in Höhe von 27 Mrd. Euro. Eine dringend benötigte Kostenminderung hat die derzeit angewendete Form der Direktvermarktung also nicht erreicht. Hier gilt es jetzt nachzusteuern und die erneuerbaren Energien deutlich stärker an den Markt zu führen. Eine stärkere Marktintegration lässt sich bspw. durch Umstellung auf eine fixe Marktprämie oder auf Investitionskostenzuschüsse erreichen.

Allein die EEG-Förderung bereits installierter Anlagen dürfte rund 450 Mrd. Euro kosten, summiert man zur bisher ausgezahlten Vergütung auch die staatlich garantierte restliche Vergütung für die bisher gebauten Anlagen. Hinzu kommen noch KWK-Förderung sowie die steigenden Systemkosten, etwa durch Netzausbau, die netzseitig bedingte Abregelung von EE-Anlagen, den Redispatch von Kraftwerken oder die verschiedenen Reserven für Kraftwerke. Die Kosten werden über die verschiedenen Umlagen gewälzt und landen auf der Stromrechnung. Was wir brauchen, ist ein Belastungsmoratorium. Dies muss für alle stromintensiven Unternehmen gelten, die im internationalen Wettbewerb stehen. Denn Unternehmen mit einer sehr hohen Stromintensität sind durch die bestehenden Entlastungsregelungen gerade wettbewerbsfähig gegenüber der internationalen Konkurrenz.

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie steht in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung der Energiepreise.

Weitere nationale Aufschläge auf den Strompreis – seien sie vermeintlich auch noch so klein – sind schlichtweg nicht weiter schulterbar und führen zum Wettbewerbsverlust gegenüber der globalen Konkurrenz. Selbst Zusatzbelastungen im 0,01 Ct/kWh-Bereich können das langfristige Aus bedeuten. Dabei reichen bereits eine Anhebung der Mindestbelastung beim EEG oder ein steigender Börsenstrompreis durch die politisch induzierte Reduzierung der Kohleverstromung. Hier braucht es ein Signal der Politik, dass stromintensive Prozesse von allen weiteren Preissteigerungen im Zuge der Energiewende aufgrund des Carbon-Leakage-Risikos verschont werden.

Unternehmen, die nicht die Kriterien der Besonderen Ausgleichsregelung erfüllen, erhalten keine reduzierte EEG- oder KWK-Umlage und sind – abgesehen von der Stromsteuer – größtenteils von allen nationalen energiewendebedingten Zusatzbelastungen in vollem Umfang betroffen. Gerade vor dem Hintergrund der Kostenkumulation ist bei diesen Unternehmen die Schmerzgrenze erreicht. In der Nichteisen-Metallindustrie sind das über 400 Unternehmen. Betroffen ist vor allem der Mittelstand. Hier gilt es gegenzusteuern, weitere nationale Zusatzkosten zu vermeiden und den Unternehmen somit auch weiterhin eine Perspektive am Wirtschaftsstandort Deutschland zu schaffen.

Klimapolitik gemeinsam mit der Industrie gestalten

Bezahlbarkeit und Sicherheit der Energieversorgung müssen fester Bestandteil der Klimaschutzstrategie der Bundesregierung sein. Wie bereits in § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes festgelegt, sind Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit gleichrangige Ziele und müssen deshalb entsprechend behandelt werden. Grundsätzlich ist aus Sicht der WVMetalle jedoch kein Klimaschutzgesetz notwendig, denn es engt die Flexibilität beim Klimaschutz ein. Auf jeden Fall sollte von starren Klimazielen für die einzelnen Sektoren abgesehen werden. Heute ist nicht abzusehen, welche Technologien die technische Entwicklung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hervorbringt und in welchen Bereichen und Sektoren, Klimaschutz am effektivsten und günstigsten erreicht werden kann. Hier muss Innovationen Raum gelassen werden. Daher sollte Klimaschutzpolitik so flexibel wie möglich sein und auf feste Vorgaben verzichten.

Wichtig ist, dass die energieintensive Industrie als Teil der Klimaschutzstrategie der Bundesregierung gesehen und entsprechend berücksichtigt wird. Ohne die Produkte der energieintensiven Industrie ist der Umbau der Energieversorgung nicht umzusetzen, und mit einem Stromverbrauch von 116 TWh Strom – also ca. 20 Prozent des deutschen Stromverbrauchs – ist die energieintensive Industrie der bedeutendste Energieverbraucher. Als solcher muss sie in den Dialog zum Klimaschutz angemessen eingebunden sein. Aus diesem Grund muss die energieintensive Industrie auch bei der geplanten Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ mit am Tisch sitzen. Dort wird schließlich über Maßnahmen beraten, die insbesondere für die energieintensiven Branchen erhebliche Konsequenzen haben können. Die betroffenen Sektoren müssen daher am Prozess beteiligt werden und Gelegenheit zur Stellungnahme haben.

Den gesamten Geschäftsbericht 17.18 der WVMetalle finden Sie hier.

Anhang

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